Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freund*innen des Raphaelshauses,
auch in Krisenzeiten möchte ich Ihnen gerne einen Ostergruß zukommen lassen. In diesem Jahr mit keiner Geschichte, aber mit einer ausführlichen Beschreibung unserer Situation in Corona-Zeiten im Anhang meines Briefes.
Ich habe mir viele krisenhafte Situationen „ausgemalt“, in die ich als Einrichtungsleiter mit dem Raphaelshaus geraten könnte. Aber die aktuelle Situation übertrifft bei Weitem meine Vorstellungskraft – aber so geht es Ihnen sicherlich auch. Nun geht es darum, 250 Kinder und Jugendliche und auch fast 250 Mitarbeitende möglichst gesund durch diese Krise zu führen und das Raphaelshaus vor wirtschaftlichem Schaden zu bewahren.
Als Einrichtung der Jugendhilfe sind wir im hohen Maße systemrelevant und zählen zum „Personal kritischer Infrastruktur“. Natürlich betreuen wir unsere Kinder und Jugendlichen weiter und sind für sie da. Unsere Fachkräfte leisten hier derzeit unglaublich viel! Sie sind rund um die Uhr an der Seite der Kinder und Jugendlichen und haben, ebenso wie beispielsweise Krankenpflegekräfte und die Mitarbeitenden in der Alten- und Behindertenhilfe und im Lebensmitteleinzelhandel, deutlich mehr Arbeit als sonst zu bewältigen.
Aufgrund der Schulschließung mussten die Dienstpläne umgestellt werden, da nun die Mädchen und Jungen auch vormittags in ihren Wohngruppen sind. Erfreulicherweise werden die pädagogischen Fachkräfte dabei von den Lehrer*innen unserer Raphaelschule und den Tagesgruppenkolleg*innen unterstützt.
Die ganze Bevölkerung ist in dieser Krise von einschränkenden Maßnahmen der Bundes- und Landesregierung betroffen, Sie und Ihre Familien genauso wie wir. Allerdings ist bei uns schon ohne Corona-Virus oft „Dampf im Kessel“, weil unsere Kinder und Jugendlichen aufgrund ihrer vorbelasteten Biografie grundsätzlich herausfordernde Verhaltensweisen zeigen. Sie können sich vermutlich vorstellen, dass bei 7 bis 10 Kindern pro Wohngruppe die Anforderungen im Alltag steigen. Die Kolleg*innen müssen die Kinder und Jugendlichen beschäftigen und ihnen erklären, warum sie plötzlich alles nicht mehr dürfen, was gestern noch wichtig war und Freude gemacht hat. Die Freunde und Spielgefährten sind nicht mehr verfügbar. Die Ferienaktivitäten fallen aus, Besuche bei Freunden und Verwandten auch.
Wir versuchen alles, um die Kontakte auch im Raphaelshaus zu reduzieren, aber es kann in unseren Wohngruppen nicht so gelingen, wie bei mir zu Hause mit nur einem Kind. Sollte sich ein Mädchen oder Junge infizieren, muss es von uns weiterhin betreut werden. Für die gesamte Gruppe, einschließlich der Fachkräfte, würde sofortige Quarantäne angeordnet.
Neben all diesen einschränkenden und vorsorgenden Maßnahmen darf auch die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung nicht aus dem sorgenvollen Blick geraten. Freie Plätze können derzeit nicht belegt werden, da die Fachkräfte aus den Jugendämtern ebenfalls Kontakte vermeiden und zum Teil zu Hause arbeiten. Somit sind finanzielle Einbußen zu befürchten.
Mit dem Osterbrief erhalten unsere Spender*innen oft auch einen Stand der Realisierung unserer Weihnachtsspendenaktion. Ich will Sie transparent informieren, dass die Planungen für die Sanierung unseres Hochseilgartens abgeschlossen sind. Wir haben die ausführende Firma allerdings aufgrund der aktuellen Situation noch nicht beauftragt. Von daher wird sich die Realisierung leider verschieben, ebenso wie die Erneuerung des Spielplatzes rund um den Bunker.
Ich hoffe von Herzen, dass Sie und wir diese beängstigende Krise gut bewältigen und vielleicht sogar gestärkt aus ihr hervorgehen. Lassen Sie sich nicht entmutigen und bleiben Sie vor allem gesund.
Ihnen und Ihrer Familie wünsche ich auch im Namen der Kinder und Jugendlichen ein frohes und friedliches Osterfest. Dankeschön für Ihre Freundschaft und Verbundenheit mit unserer Arbeit.
Marco Gillrath
Direktor